Die heimlichen Revolutionäre

  • AutorInnen: Klaus Hurrelmann; Erik Albrecht
  • Beltz Verlag, 2014
  • Fachgebiet:
  • Soziologie

Rezension:

Krisen begleiten die Generation Y von klein auf, ob Wirtschaftskrise, internationaler Terrorismus, ökologische und klimatische Veränderungen. Statusinkonsistenz wird für sie zum neuen Lebensgefühl: Frühreif in ihrer Medienkompetenz und im Konsumverhalten, dafür Spätstarter im Berufseinstieg und bei der Familiengründung, kompensiert durch die Aufwertung von Freizeit.

Die Generation Y verändert die Gesellschaft unsichtbar und in kleinen Schritten, ohne dafür zu kämpfen oder laut ihre Forderungen zu stellen. Sie ändern still und einfach ihre Lebensweise, ihre Lebensläufe sind vielfältig, mit Unterbrechungen für Elternzeit, Weiterbildung oder Selbsterfahrung. Sie profitieren von der individuellen Entwicklung ihrer Kompetenzen, keine Generation davor hat so viel in Bildung investiert. Wirklich autonom sind sie in ihrer Freizeit, da können sie sich voll entfalten und selbst verwirklichen. In ihrer Freizeitgestaltung sind sie aktiv, sie suchen aufregende neue Trends und wollen ja nichts verpassen: neuesten Serien, besten Apps, coolsten Sportarten, schickste Kleidung, hipsten Lokale, gesündeste Ernährung,… Jugendliche machen immer seltener den Führerschein, ihre neuen Statussymbole sind Konsumgüter, eine gute Medienausstattung zählt mehr als ein eigenes Auto.

In einer individualisierten Gesellschaft ist die Jugend einem unheimlichen Druck ausgesetzt, da sich jeder

als einmalige, unverwechselbare Persönlichkeit profilieren muss, ob im Web oder  im Job. Da sind die sozialen Netzwerke Übungsplattformen zur Selbstdarstellung, wer bin ich und wie will ich mich präsentieren. Die Generation Y  entwirft ihr ideales Selbstbild bewusst und entscheidet dabei, welche Informationen über die eigene Person man veröffentlichen will und welche nicht. Als clevere eigensinnige User der Medien werden sie gern als Digital Natives bezeichnet, da sie „online“ aufgewachsen sind. Sie nutzen die Medien mit einer Routine und alltäglichen Selbstverständlichkeit wie keine andere Generation: Facebook, Twitter, Tumbler, Instagram, WhatsApp, … Junge Menschen haben ein ausgeprägtes Risikoverhalten. Sie wollen ihren Spaß haben und können dabei sehr gut zwischen real und irreal unterscheiden, kennen die Risiken und wägen diese ab. Jugendliche gestalten ihre Realität durch die Medien selbst aktiv mit.

Die Unterqualifizierten sind in Gefahr von der Gesellschaft abgespalten zu werden, ohne Ausbildung haben sie so gut wie keine Berufsperspektiven. Ein Fünftel der Jugendlichen wächst in Armut auf, hat keine privilegierten Eltern die sie unterstützen und ist auf soziale Transferleistungen angewiesen. Jugendarbeitslosigkeit führt oft in eine negative Karriere des gesamten Lebenswegs, so entsteht ein Heer von Ausgegrenzten und auf lange Sicht kommt es zu einem Verlust an Innovation und Produktivität für die gesamte Gesellschaft.

In der Wirtschaftskrise sind die unter 30jährigen groß geworden mit dem Wissen, dass es für sie schwer wird, den Wohlstand ihrer Elterngeneration zu erreichen. Aber sie sind pragmatisch und lieben den Perspektivenwechsel. Die Medien sind für sie der Türöffner, um in Wirtschaft und Gesellschaft ihren Platz zu finden. Sie lassen sich so schnell nicht aus der Bahn werfen, sind flexibel und passen ihre Ziele schnell an neue Gegebenheiten an. Gleichberechtigte Familienmodelle werden angestrebt, in denen sich jeder grundsätzlich selbst über Erwerbstätigkeit finanziert und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefordert. Die Definition von männlich und weiblich verändert sich, sie wollen innige Beziehungen aber mit der Möglichkeit, diese wieder auflösen zu können.

Zahlenmäßig sind die Jungen eine Minderheit. Die Babyboomer Generation verabschiedet sich gerade in die Pension, wird aber noch lange ein politisches Machtwort zu sprechen haben. Die Generation X ist gerade dabei von den Bayboomern die Chefetagen zu übernehmen.

Für die Generation Y gibt es keinen Generationenkonflikt, denn sie sehen ihre Eltern als Verbündete, die sie bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützen. Die harmonische Beziehung zur Familie, birgt die Gefahr zum ewigen Nesthocker zu werden und aus der Kinderrolle nicht mehr heraus zu kommen.

Hurrelmann und Albrecht beschreiben wie sich junge Menschen mit Egotaktik und Selbstdisziplin ihren eigenständigen Weg durchs Leben bahnen und dabei gleichzeitig versuchen, sich alle Optionen offen zu halten. Sie versuchen ein positives Bild zu vermitteln, basierend auf Interviews und zahlreichen Studien. Jugendliche kommen auch selbst zu Wort, zahlreiche Fallgeschichten machen das Fachbuch leicht lesbar.

Rezensiert von Sonja Brauner, wienXtra-Fachbereichsleiterin Kind, Jugend,

Familie

In Kooperation mit
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