Ab wann darf man sein Kind alleine zuhause lassen? Gibt es ein spezielles Gesetz dafür? Wie sieht es mit der Aufsichtspflicht aus? Macht man sich strafbar, wenn ein (jugendliches) Kind alleine daheim bleibt?

Diese Informationen richten sich in erster Linie an Erziehungsberechtigte.



Die Aufsichtspflicht

Als Erziehungsberechtigte haben Sie die Aufsichtspflicht für Ihr Kind. Diese gilt grundsätzlich bis zum 18. Geburtstag und erlischt danach.

Je älter ein Kind ist, desto weniger eng gilt die Aufsichtspflicht. Diese orientiert sich an der Entwicklung Ihres Kindes. 

Aufsichtspflicht bedeutet, dass die Erziehungsberechtigten darauf zu achten haben, dass dem Kind nichts passiert. Kurz: Dass es zu keinem Schaden kommt - weder körperlich noch seelisch.

Die Aufsichtspflicht wird im Alltag regelmäßig auch an andere Personen übertragen. Meistens gilt sie für eine konkrete Zeitspanne. Zum Beispiel:

  • Im Kindergarten oder in der Schule an die dort tätigen Pädagog_innen.
  • An andere Familienmitglieder, Babysitter_in oder Nachbar_innen, die für eine bestimmte Zeit auf das Kind aufpassen.
  • An Mitarbeiter_innen von Nachmittagsbetreuungseinrichtungen, Trainer_innen oder Musikschullehrer_innen im Rahmen von Freizeit-Aktivitäten.

Zur Aufsichtspflicht gehört, dass

  • Kinder und Jugendliche gut informiert und aufgeklärt über mögliche Gefahrenquellen sind.
  • dem Kind allgemeine Regeln und Vorschriften (Jugendschutzgesetz...) bekannt sind.
  • konkrete Warnungen für ein bestimmtes Verhalten ausgesprochen werden (z. B. kein Skaten oder Fussball Spielen in der Wohnung, keine Partys).
  • die Einhaltung von Regeln kontrolliert und nachbesprochen wird.

Es gibt keine Pauschal-Lösung!

Wie lange ein Kind alleine zuhause bleiben darf, ist nicht so leicht zu beantworten.

Es kommt nämlich immer auf die individuelle Situation an:

  • Wie alt ist das Kind?
  • Wie ist der Entwicklungsstand? 
  • Wie verhält sich das jeweilige Kind in bestimmten Situationen? Ist es wild, übermütig, probiert viel Neues aus und legt immer wieder riskantes Verhalten an den Tag? Oder ist es schüchtern, vorsichtig und hält sich an Abmachungen?

Je nachdem, wie Sie als erziehungsberechtigte Personen Ihr Kind einschätzen, gestaltet sich auch die Aufsichtspflicht.


Tipps & konkrete Beispiele

Sie kennen als Eltern Ihr Kind am besten. Denken Sie gründlich nach, wiegen Sie ab. Und hören Sie auch auf Ihr Bauchgefühl.

Unsere Tipps: 

  • Seien Sie ehrlich: Trauen Sie es Ihrem Kind zu für einige Zeit allein zu bleiben?
  • Besprechen Sie die konkrete Situation mit Ihrem Kind: Passt es für Ihr Kind? Traut es sich selbst zu, allein zu sein?
  • Besprechen Sie mögliche Gefahren in der Wohnung.
  • Vereinbaren Sie klare Regeln wie z. B. Alkohol- und Rauchverbot, keine Partys, keinen unbekannten Personen die Türe öffnen...  
  • Machen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind einen Plan für den Notfall.
  • Finden Sie eine Person in unmittelbarer Nähe, die für Ihr Kind eine Ansprechperson sein kann (z. B. Nachbar_innen). 
  • Bleiben Sie (oder andere Vertrauenspersonen) für Ihr Kind telefonisch erreichbar.

Beispiele aus der Praxis:

  • Die 12-jährige Sonja bleibt in der Nacht von Freitag auf Samstag alleine zuhause. Die alleinerziehende Mutter ist auf Geschäftsreise in der Steiermark, telefonisch rund um die Uhr für ihre Tochter erreichbar. Außerdem ist eine Nachbarin im Haus informiert und im Notfall ansprechbar. Sonja ist dem Alter entsprechend gut entwickelt, hält sich an Abmachungen und ist verlässlich. Zwischen Mutter und Tochter gibt es großes Vertrauen, dass Sonja diese Nacht nicht für eine Party ausnutzen wird. 
    >>> Hier spricht rechtlich nichts dagegen, dass Sonja alleine bleibt.

  • Rami ist 14, seine Schwester Rita 17, die Eltern wollen über das Wochenende ins benachbarte Ausland verreisen. In den letzten Monaten gab es immer wieder Hinweise in Richtung Alkoholkonsum bei beiden Geschwistern und diverse andere Regelverstöße. Die Stimmung ist zeitweise angespannt, zwischen den Geschwistern gibt es viel Streit. Die Eltern planen von Freitag Abend bis Sonntag Mittag wegzufahren. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es keine Personen, die ab und zu nach den Jugendlichen schauen könnten. Andere Familienmitglieder wohnen ca. 45 Minuten entfernt.  
    >>> Auch wenn Rita bereits 17 ist, so scheint die aktuelle Situation im Moment nicht geeignet, beide Kinder so lange allein zu lassen.
  • Wenn Papa zum Supermarkt ums Eck geht, darf der 8-jährige Rudi für ca. eine halbe Stunde alleine zuhause sein. Er schaut am Tablet eine Serie und fürchtet sich nicht vorm alleine sein. Er wurde ausführlich über die Gefahren von offenen Fenstern informiert, und dass er den Herd nicht allein bedienen darf. Er ist umsichtig und versteht altersentsprechend die Bedeutung von Regeln und Vereinbarungen. Außerdem weiß Rudi schon, wie er Papa am Handy erreichen kann.
    >>> Kleinere Kinder dürfen für eine kurze Zeit allein gelassen werden, wenn diese ausreichend über Gefahrenquellen informiert wurden und die Erziehungsberechtigten in der Nähe bleiben.

Wenn etwas passiert

Wenn dem Kind, das alleine zuhause geblieben ist, etwas passiert, dann kommt es immer darauf an:

  • Was genau passiert ist (Körperverletzung, Sachschaden...).
  • Ob der Unfall auch in Anwesenheit einer adäquaten Aufsichtsperson passiert wäre.
  • Ob das Kind über alle Gefahrenquellen ausreichend und altersgerecht informiert war.
  • Ob eine bestimmte Situation nicht aufgetreten wäre, wenn die Eltern anders gehandelt hätten. Als Beispiel kann auf das Luftdruckgewehr hingewiesen werden, dass von den Eltern nicht versperrt aufbewahrt wurde. Wäre es versperrt gewesen, hätten die Kinder damit nicht auf das Haus der Nachbar_innen schießen können.

Im Regelfall macht das Krankenhaus eine Anzeige, wenn es zu einer Verletzung gekommen ist. Anschließend oder bereits von Beginn an ermittelt die Polizei und prüft eine allfällige Aufsichtspflichtverletzung der Eltern. 

Auch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MAG11 - Jugendamt) wird im Fall einer Anzeige informiert und nimmt Kontakt zu Ihnen auf. 


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Letzte Aktualisierung: Februar 2024

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