Selbstverletzendes Verhalten

Wenn Menschen sich absichtlich selbst wehtun, Schmerzen oder Wunden zufügen, dann spricht man von selbstverletzendem Verhalten (SVV).

Es gibt viele verschiedene Arten, wie z.B. das Ritzen der Haut oder das Verbrennen mit Zigaretten. Auch exzessives Sporteln oder das Verweigern von Essen können Formen von SVV sein.

Manche Menschen verletzen sich häufig und/oder auf mehrere unterschiedliche Arten. Die meisten brauchen Hilfe, um damit aufhören zu können. Wenige schaffen es aus eigenem Antrieb.



Warum verletzen Menschen sich absichtlich selbst?

Bei SVV geht es darum, innere Spannungen abzubauen, sich selber zu spüren oder Schmerzen, wie z.B. Liebeskummer zu überdecken.

Gründe für SVV gibt es unzählige, zum Beispiel erlebte Gewalt, schlimme Erfahrungen in der Kindheit, Depressionen oder andere psychische Erkrankungen.
Für manche stellt die Selbstverletzung ein Ventil dar, um Wut, Trauer oder Ängste ausdrücken zu können.

Betroffene tun das nicht aus Spaß, weil es "in" ist oder um andere zu ärgern.

Den Menschen geht es unmittelbar nach der Selbstverletzung meist besser. Dieses Gefühl der Erleichterung hält meist nur kurz an. Sobald die Betroffenen erkennen, was sie getan haben, kehren die Schuldgefühle zurück und der Kreislauf beginnt von vorne.

Im Gehirn wirkt selbstverletzendes Verhalten wie eine Droge. Bei der Verletzung werden Glückshormone freigesetzt und der Körper verlangt immer wieder danach. Betroffene können Entzugserscheinungen entwickeln und es fällt ihnen schwer, damit aufzuhören.

Auch wenn Betroffene sich deswegen behandeln lassen und nicht mehr verletzen wollen, besteht die Gefahr rückfällig zu werden oft ein ganzes Leben lang.

Wichtig ist, die Betroffenen ernst zu nehmen und sie für ihr Verhalten nicht zu verurteilen.


Wer verletzt sich selbst?

Der Drang zum Selbstverletzen entwickelt sich oft unter großem Stress, in stark belastenden Situationen wie z.B. Mobbing oder in Zeiten der Veränderung, wie zum Beispiel der Pubertät. Wird nichts dagegen unternommen, verletzen sich viele Betroffene auch im Erwachsenenalter weiter.

Betroffen sind Burschen, Mädchen sowie queere oder non-binary Jugendliche gleichermaßen. In der Regel gibt es viele Unterschiede betreffend Methoden, Häufigkeit und Intensität. 


Wenn du SVV bemerkst

Bedenke, dass selbstverletzendes Verhalten meist mit Gefühlen wie Scham oder Schuld verbunden ist.

  • Sprich die betroffene Person in einem ruhigen Moment darauf an.
  • Blamiere sie nicht vor anderen.
  • Biete deine Hilfe an. Zeige Verständnis für ihre/seine Situation.
  • Höre zu, wenn die Person reden möchte.
  • Akzeptiere, wenn sie aktuell nicht darüber sprechen kann oder mag.
  • Bist du unsicher, wende dich an eine Beratungsstelle und lass dir Tipps geben, wie du vorgehen kannst.  

Sei geduldig und denke daran: Helfen kann man erst, wenn der betroffene Mensch es selber möchte.

Besteht zur/zum Betroffenen kein enges Verhältnis, dann versuche, eine Vertrauensperson zu finden. Diese Person kann dann das Ansprechen übernehmen.


Wenn du selbst betroffen bist

Es gibt keinen Grund, dich schuldig zu fühlen oder zu schämen. Such dir eine Person, der du vertraust und die bereit ist, dir zu helfen oder wende dich an eine Beratungsstelle.

Viele Menschen, die sich selbst verletzen, haben eine Skills-Liste mit Dingen, die sie tun können, um sich nicht selbst zu verletzen. Diese Liste kann sich regelmäßig ändern. Manche nutzen die Liste auch als Checkliste, sie gehen Punkt für Punkt alles durch.

Auf deiner Skills-Liste kann z.B. stehen:

  • Freund*innen anrufen, allein sein vermeiden
  • bei einer Notrufnummer anrufen (z.B. Rat auf Draht unter Tel. 147) oder einer Online-Beratungsstelle schreiben
  • Kreative Tätigkeiten wie Schreiben, Malen, Singen oder Musik machen
  • die Umgebung wechseln, rausgehen
  • Vögel oder Fische beobachten, die Katze kuscheln, mit dem Hund spielen
  • Sport machen, sich auspowern, laufen
  • Gummibänder am Handgelenk tragen oder gegen die Haut schnalzen lassen
  • kalt duschen oder ein Bad nehmen
  • sich ausgiebig eincremen oder ein Wärmepflaster aufkleben
  • Eiswürfel lutschen
  • etwas Scharfes essen oder was Süsses
  • an einem speziellen Duft riechen, Räucherstäbchen anmachen
  • gegen eine Matratze oder ein Kissen boxen
  • Altglas richtig fest in die Tonne schmeißen
  • Pappe zerrreißen
  • SVV immer wieder um 15 Minuten verschieben


Leporello "Selbstverletzendes Verhalten"

Informationen für Betroffene und deren Familienangehörige, Freund_innen, Lehrer_innen, Sozial- und Jugendarbeiter_innen

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Letzte Aktualisierung: November 2023

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